Umgangsrecht – neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshof

Die neuste Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) zum Umgangsrecht kam zu dem Ergebnis, dass das Gericht auf Antrag eines Elternteils ein sog. paritätisches Wechselmodell, also die hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern, als Umgangsregelung anordnen darf. Somit wechselt das Kind jeweils nach einer vollen Woche den Haushalt.

Neu ist nun, dass dies auch gegen den Willen des anderen Elternteils möglich sein soll, so die neueste Rechtsprechung.

Umgangsrecht ist das Recht des Kindes, mit den einzelnen Elternteilen nach einer Trennung der Eltern regelmäßig Kontakt zu haben bzw. gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall aus Februar 2017 sind die Beteiligten geschieden und haben gemeinsames Sorgerecht. Die bisherige Umgangsregelung ermöglichte, dass das Kind den Vater alle 14 Tage am Wochenende besucht. Vor Gericht strebte der Vater eine neue Umgangsregelung im Sinne eines ssogenannten paritätischen Wechselmodells an, wodurch das Kind im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Montag nach Schulschluss bis zum folgenden Montag zum Schulbeginn bei dem Vater bleiben sollte.

Das Obberlandesgericht (OLG) wies den Antrag mit der Begründung, ein paritätisches Wechselmodell sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, ab. Das überzeugt den BGH jedoch nach rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht.

Das Kind hat nach § 1684 Abs.1 BGB das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das Familiengericht kann gemäß § 1684 Abs.3 Satz 1 BGB über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung näher regeln. Entscheidender Maßstab der Regelung ist das im konkreten Einzelfall zu berücksichtigende Kindeswohl. Wichtige Aspekte des Kindeswohls sind die Neigungen, Bindungen und der Kindeswille. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen dem Kindeswohl am meisten entspricht.

Wichtige Voraussetzung eines paritätischen Systems im Rahmen des Umgangsrecht ist jedoch das Bestehen einer guten Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern. Dementsprechend dient die Anordnung eines solchen Modells dem Kindeswohl nicht, wenn es erst zur Herstellung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern beitragen soll. Daher ist bei einem konfliktbelasteten Verhältnis der Eltern von einer solchen Umgangsregelung generell abzusehen.

Zu beachten ist für das Umgangsrecht auch der vom Kind geäußerte Wille, dem mit steigendem Alter zunehmendes Gewicht beizumessen ist. Dies ist in der Regel jedoch frühestens mit 7 Jahren der Fall. Minderjährige Kinder werden gewöhnlich kaum in der Lage sein, sich für das Beste für ihr Wohlergehen zu entscheiden. Um eine angemessene Entscheidung zu treffen kann daher das Gericht im Einzelfall ein Sachverständigengutachten (§ 163 FamFG) einholen oder einen Verfahrensbeistand (§ 158 FamFG) bestellen.

Folglich ist das Gericht im Umgangsverfahren zu einer umfänglichen Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs für das Kindeswohl am besten geeignet ist. Dazu ist auch die persönliche Anhörung des Kindes erforderlich. Solange die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann die hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern vom Familiengericht als Umgangsrecht angeordnet werden. Welches Instrumentarium zur Ermittlung des Kindeswohls erforderlich ist liegt im Ermessen des Gerichts und ist im Rahmen einer Einzelfall Betrachtung zu entscheiden.

BGH, Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/ 15

Ob diese Entscheidung bezüglich des Umgangsrechts gerade für Ihren Fall einschlägig ist, muss individuell entschieden werden. Es ist Vorsicht geboten, diese Entscheidung nunmehr als pauschal zwingend zu erachten.

Jedenfalls ist es immer sinnvoll, sich anwaltlich beraten zu lassen, bevor Sie unvorbereitet ein Gespräch bei dem Jugendamt tätigen.

von Kübra Yilmaz

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