Scheidung von Ausländern oder ausgewanderten Deutschen

Jedesmal, wenn eine Ehe Auslandsbezug hat, z.B. beide oder ein Ehepartner eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Oder wenn die Eheleute zwar beide die deutsche Staatsangehörigkeit haben, aber im Ausland geheiratet haben oder im Ausland leben, stellt sich die Frage, in welchem Land nach welchem Recht die Scheidung durchgeführt werden soll.

Dabei existieren freilich Rechtsordnungen, die entweder für beide Ehepartner nachteilig wären oder aber für einen der Ehepartner Vorteile bringt, während der Andere benachteiligt wird.

Daher ist es im Zweifel von erheblicher Wichtigkeit, seine Rechte und Pflichten im Rahmen von Scheidungen so früh wie möglich zu kennen.

Allgemein ist strikt zwischen der Frage 1. der internationalen Zuständigkeit (sog. Internationales Verfahrensrecht), also in welchem Land die Scheidung stattfindet, und 2. dem anwendbaren Recht (sog. Internationales Privatrecht), d.h. nach welchem Recht geschieden werden muss, zu unterscheiden.

1. Internationales Verfahrensrecht/Zuständigkeit

Auf einer ersten Prüfungsstufe stellt sich die Frage, wo bzw. in welchem Land und vor welchem Gericht der Konflikt auszutragen ist.

Dabei ist maßgebliche Rechtsquelle die VO (EG) Nr. 2201/2003, sog. EuEheVO/EheVO/Brüssel IIa VO. Sie stellt eine europäische Rechtsverordnung dar, die unmittelbare Wirkung in der Bundesrepublik erlangt hat. Gleichwohl ist anzumerken, dass ein spezieller EU-Bezug nicht erforderlich ist. Die Verordnung gilt also auch, wenn ein Ausländer beteiligt ist, der keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union angehört. Ebenso verhält es sich, wenn ein Ehegatte in einem Nicht-Mitgliedsstaat lebt.

Die einschlägige Verordnung enthält in Art. 1 Anknüpfungspunkte, die nebeneinander gleichwertig gleichzeitig bestehen können, wie u.a.

  • sind beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige, ist die internationale Zuständigkeit in Deutschland gegeben (z.B. beide deutsche Ehepartner leben in Spanien -> Deutschland), womit ein deutsches Gericht zuständig sein kann
  • haben beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die internationale Zuständigkeit in diesem Staat gegeben (z.B. beide Ehepartner, beides Deutsche, leben in Frankreich -> Frankreich), womit das Ausland zuständig sein kann
  • der deutsche Antragsgegner hat seit 6 Monaten / der ausländische Antragsgegner seit 1 Jahr seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (z.B. die Ehegatten, er Italiener, sie Nigerianerin, lebten in Italien. Die Ehefrau lebt nun seit der Trennung vor einem Jahr in Deutschland. Sie begehrt die Scheidung -> Deutschland), womit das deutsche Gericht zuständig werden kann

Maßgeblicher Zeitpunkt ist regelmäßig der Zeitpunt der Antragstellung bei Gericht.

Da also mehrere Länder gleichzeitig zuständig sein können, gilt das Land als zuständig, wo als erstes der Scheidungsantrag bei Gericht eingegangen ist.

2. Internationales Privatrecht/Anwendbares Recht

Von der Frage, in welchem Land die Scheidung anhängig gemacht werden kann, ist die Frage, welche Rechtsordnung für die Durchführung der Scheidung anzuwenden ist, streng zu unterscheiden.

Es ist z.B. denkbar, dass ein Kölner Familiengericht vietnamesisches Scheidungsrecht für die Scheidung anzuwenden hat.

Einschlägige Norm ist hierbei Art. 14 EGBGB in Verbindung mit der sogenannten ROM III-Verordnung, die seit dem 21.06.2012 für u.a. Scheidungen in Kraft getreten ist. Im Folgenden beziehen sich alle Erwägungen daher auf nach dem 21.06.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren. Vorher wurde in erster Linie an die Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft.

Nach dem sogenannten Prinzip der universellen Anwendung gilt, dass vor den deutschen Familiengerichten grundsätzlich alle denkbaren ausländischen Rechtsordnungen bezüglich der Scheidung von den deutschen RichterInnen geprüft werden können. Ausnahmen ergeben sich gleichwohl, wenn die anzuwendende Rechtsordnung gegen die Menschenrechte, z.B. die Europäische Menschenrechtskonvention, derart intensiv verstossen würde, dass es nicht zu rechtfertigen wäre, diese Voraussetzungen gelten zu lassen. Dann würde schlichtweg das deutsche Recht für die Scheidung Anwendung finden.

Ansonsten wird erneut ähnlich der Internationalen Zuständigkeit vorgegangen und in erster Linie nach Art. 8 an den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten angeknüpft. Der große Unterschied zu der Frage der Internationalen Zuständigkeit ist jedoch, dass die einzelnen Anknüpfungspunkte hierbei nun ähnlich einer Stufenleiter nicht gleichwertig nebeneinander vorliegen können.

Nunmehr ist es nach Art. 5 der ROM III-VO auch möglich, mit seinem Ehegatten im Vorfeld zu vereinbaren, welches Recht für die Durchführung der Scheidung gelten soll (sogenannte Rechtswahlvereinbarung).

Diese Vereinbarung muss notariell beurkundet oder bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts erklärt werden. Nicht jede beliebige Rechtsordnung kann gewählt werden. Voraussetzung ist ein Bezug hierzu beispielsweise Staatsangehörigkeit oder gemeinsamer bzw. letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt. Z.B. ist es nicht möglich, dass sich zwei Panamaer, die in Italien leben, auf schwedisches Recht für ihre Scheidung einigen, da kein Bezug zu Schweden erkennbar ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist die Einreichung des Antrages auf Ehescheidung bei dem Gericht.

Kontaktieren Sie uns gerne unverbindlich für eine Einschätzung Ihrer Möglichkeiten.

Gut zu wissen: nicht jede Scheidung benötigt zwei Rechtsanwälte, womit Kosten gespart werden können.

Die Kanzlei steht Ihnen gerne für Rückfragen bereit!

 

 

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